Die Stiftung Warentest hat im Juni 2012 die Ergebnisse ihres Tests „Hörgeräteakustiker“ veröffentlicht. Es stellt sich immer wieder als altbekannt heraus, dass der Prozess bis zu einem geeigneten Hörgerät elende lang sein kann …
Für die meisten Menschen ist es eine extrem lange Zeit, bis sie einsehen, daß das Gehör nachgelassen hat und bis sie begreifen, dass entsprechende Hilfen erforderlich sind. Immerhin gelten hierzulande Hörgeräte ziemlich als „uncool“.
Ist die Entscheidung aber einmal getroffen, dann beraten Hörgeräteakustiker bei der Auswahl und führen die Anpassung der erstmal zum Test ausgewählten Hörgeräte durch. Neben zahlreichen Einzelhändlern (zumeist mit Optik-Zusammenschluß) gibt es in Deutschland verschiedene überregionale Akustiker-Ketten. Die Stiftung Warentest hatte 2012 die sechs größten Anbieter Amplifon, Geers, Fielmann, Iffland, KIND und Seifert getestet.
Es kam für alle überraschend – der Akustiker-Neuling Fielmann wurde Testsieger. Fielmann, der den meisten eigentlich nur als Optiker bekannt ist, wurde der Erste! Alle anderen Anbieter gingen mit „befriedigend“ aus dem Test …
Untersucht hatte die Stiftung Warentest, wie gut die Kunden in einzelnen Filialen beraten wurden und ob die Akustiker den Testpersonen tatsächlich die geeigneten Hörgeräte verkauft hatten. Zu beachten ist hierbei: bei der Auswahl von geeigneten Geräten sind die Akustiker auch auf den Kunden angewiesen. Zwar können die Profis durch Hörmessungen eine Vorauswahl an Geräten treffen, wichtig ist aber auch das subjektive Empfinden des Kunden. Die Stiftung Warentest empfiehlt, auf jeden Fall drei unterschiedliche Geräte im Alltag für jeweils ca. eine Woche Probe zu tragen, bis man sich zum Kauf entscheidet. Dabei handelt es sich in der Regel um Gerätepaare, da bei der typischen altersbegleitenden Schwerhörigkeit für jedes Ohr ein Hörgerät benötigt wird.
Welche Geräte kommen in Frage?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Hörgerätetypen: Hinter-dem-Ohr-Geräten und Im-Ohr-Geräten. Letztere sind inzwischen auch in winzigen Ausführungen erhältlich und sitzen dann fast unsichtbar im Ohr. Viele Menschen, denen es unangenehm ist, sich als schwerhörig zu „outen“, sehen hierin eine gute Lösung. Allerdings hängt es von den individuellen Voraussetzungen (Hörvermögen, Formung des Gehörgangs) ab, ob diese Geräte genutzt werden können. Außerdem ist es eine Frage des Preises.
Die Kosten
Liegt eine ärztliche Verordnung vor, zahlen die Krankenkassen ca. 460 Euro für ein Hörgerät (inklusive Ohrpassstück) und 830 Euro für ein Paar. Entscheidet man sich für teurere Geräte, muss die Differenz aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Die für die Hörgeräte notwendigen Batterien müssen selbst bezahlt werden, die Kassen übernehmen die Kosten nur bis zum 18. Lebensjahr.
Wie geht man vor, wenn man Hörgeräte sucht?
Verdichten sich die Anzeichen, dass das Gehör nachgelassen hat, sollte möglichst bald ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufgesucht werden. Dieser untersucht das Gehör und prüft, ob behandelbare Krankheiten vorliegen. Bei Bedarf stellt der HNO-Arzt eine ärztliche Verordnung für Hörgeräte aus. Nur mit dieser Verordnung zahlen die Krankenkassen die Hörgeräte bzw. einen Anteil an den Geräten. Alternativ kann man zunächst auch einen Hörgeräteakustiker aufsuchen. Auch Akustiker überprüfen kostenlos das Hörvermögen und informieren über das weitere Vorgehen.
Auswahl des Hörgeräteakustikers
Da für den Prozess der Anpassung mehrere Besuche notwendig sind und auch nach dem Kauf der Hörgeräte eine kontinuierliche Nachsorge durch den Akustiker notwendig ist, empfiehlt es sich, einen Akustikerbetrieb in der Nähe auszuwählen. Wenn Ihr erster Eindruck nicht positiv ist oder Ihnen auch im Laufe der Versorgung Zweifel kommen, scheuen Sie sich nicht, den Akustikerbetrieb zu wechseln.
Individuelle Beratung und Auswahl von Hörsystemen
Aufgrund der eingangs durchgeführten Höruntersuchung stehen dem Hörgeräteakustiker relevante Daten zur Vorauswahl von Hörgeräten zur Verfügung. Wichtig ist aber auch, in welchen Situationen Ihnen die Verbesserung des Hörvermögens besonders wichtig ist. Sinnvoll ist es, sich vorab zu überlegen, wann Sie der Hörverlust besonders stört und gemeinsam mit dem Akustiker Hörziele zu formulieren.
Geräte zur Probe tragen
Die Stiftung Warentest rät, mindestens 3 Probegeräte jeweils mindestens eine Woche zu erproben. Prüfen Sie auch, ob Sie mit den Geräten problemlos telefonieren können. Hilfreich kann es sein, die Erfahrungen mit den einzelnen Geräten zu protokollieren. Aufgrund aktueller Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen sind die Akustiker dazu verpflichtet, Ihnen auch ein eigenanteilsfreies (zuzahlungsfreies) Hörgerät anzubieten, das dem aktuellen technischen Standard entspricht und zur Versorgung des Hörverlustes geeignet ist. Seien Sie hierfür offen, je nach individueller Anforderung sind diese Geräte durchaus ausreichend. So zeigt sich in der Praxis, dass Kunden mit teuren Geräten nicht zwangsläufig besser hören als mit günstigeren Modellen. Auch wenn der Preis keine Rolle spielt, lohnt es sich auf jeden Fall, „Mittelklasse-Geräte“ auszuprobieren.
Kauf und Nachsorge
Mit dem Kauf von Hörgeräten haben Sie Anspruch auf eine Nachbetreuung durch den Akustiker. Dies gilt in der Regel für die Dauer von 6 Jahren. Danach stehen Ihnen wieder neue Geräte zu. Zur Nachbetreuung gehören Serviceleistungen wie die Reinigung der Ohrstücke, das Nachjustieren der Geräte und gegebenenfalls neue Hörmessungen. Die Nachsorge sollte in regelmäßigen Abständen zunächst vierteljährlich, später halbjährlich wahrgenommen werden.
Artikel in der Zeitschrift Apotheken Umschau vom 01. Juli 2015, unter der Überschrift „Technik für besseres Hören“ finden Sie hier ab Seite 10 wertvolle Hinweise zu den Themen:
- Was ist Schwerhörigkeit?
- Besuch beim Arzt,
- Technische Tests,
- Erstes Gespräch mit dem Hörgeräteakustiker,
- Üben mit einem Trainingsgerät,
- Gut und trotzdem kostenlos (!) – Leistungen der Krankenkassen
- und vieles mehr.