Hörgeschädigte vereinsamen in der Corona-Krise

Thüringer Schwerhörigenbund: Mundschutz verhindert das Lippenlesen. Verband bietet während der Pandemie Beratung an

von Ulrike Merkel

Die Corona-Krise sorgt bei Hörgeschädigten für Vereinsamung. Schon ohne Pandemie-Auflagen sind ihre sozialen Kontakte oft eingeschränkt. Die Plauderei mit Nachbarn oder flüchtigen Bekannten fällt oft flach, weil die Betroffenen dabei schlichtweg nichts verstehen. Die Mundschutz-Pflicht erschwert die Kommunikation.

Schwerhörige lesen wie Gehörlose oft von den Lippen ab. Die Atemschutzmasken verdecken jedoch den Mund und dämpfen das Gesprochene obendrein ab. Zudem fallen beim unachtsamen Abnehmen der Masken die Hörgeräte des Öfteren heraus und gehen verloren. Alles Gründe, warum viele Hörgeschädigte ihre Wohnungen nur noch zum Einkaufen verlassen, wie der Vorsitzende des Landesverbandes des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB) Detlev Schilling sagt. Zumal die Betroffenen äußerst ungern auf ihr Handicap hinweisen.

„Schwerhörigkeit hat ein schlechtes Image“, betont Schilling. Viele Hörbehinderte hätten schlechte Erfahrungen gemacht, seien etwa wegen sprachlicher Missverständnisse ausgelacht worden. Nicht gut zu hören, werde auch schnell mit geistiger Beeinträchtigung gleichgesetzt.

Um den Betroffenen das akustische Verstehen zu erleichtern, empfiehlt Schilling Verkäufern und anderen Berufsständen mit Kundenkontakt, bei Gesprächen mit Schwerhörigen, den Mundschutz kurzzeitig herunterzuziehen. „Natürlich unter Einhaltung des gebotenen Abstandes.“ Es käme auch nicht auf die Lautstärke an, sondern auf eine langsame und deutliche Aussprache.

Laut Statistiken leiden zehn Prozent der Deutschen unter Schwerhörigkeit. Das wären in Thüringen 210.000 Menschen. Wobei vor allem Ältere betroffen sind und nur wenige über ein Hörgerät verfügen. Der DSB-Landesverband Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie der Ortsverein Weimar mit seinem thüringenweit aktiven Sozialen Dienst bemühen sich, in der Pandemie für Betroffene da zu sein.

Quelle: Thüringer Allgemeine, Ausgabe Weimar vom 28. Mai 2021, Seite TCTH3