Dolmetscherkosten in Krankenhäusern übernehmen jetzt die Krankenkassen

Seit Anfang 2020 übernehmen nicht mehr die Krankenhäuser, sondern die Krankenkassen unmittelbar die Kosten für Gebärdensprach- und Schriftdolmetscher im Krankenhaus. Damit ist eine wesentliche Hürde genommen, wenn hochgradig schwerhörige oder gehörlose Menschen bei der Behandlung in Krankenhäusern auf eine Kommunikationshilfe angewiesen sind. Denn da die Krankenhäuser die Dolmetscherkosten bisher aus ihren Fallpauschalen bestreiten mussten, haben sie sich in der Regel quergestellt.

Um diesem Missstand abzuhelfen, hat der Bundestag jetzt mit einer neuen gesetzlichen Regelung klargestellt: „Nicht zu den Krankenhausleistungen (…) gehören (…) bei der Krankenhausbehandlung von Menschen mit Hörbehinderung Leistungen der Dolmetscherassistenz zum Ausgleich der behinderungsbedingten Kommunikationsbeeinträchtigungen.“

Diese Klarstellung ist für Menschen, die auf Kommunikationsunterstützung angewiesen sind, ein großer Lichtblick. Im Krankenhaus sind sie bisher sehr oft daran gescheitert, einen Dolmetscher für wichtige Gespräche mit Ärzten, Therapeuten oder anderen Stellen gestellt zu bekommen. Die Verständigung war fehlerhaft oder ganz unmöglich und eine fundierte Mitwirkung bei der Diagnose und Therapie nicht gegeben. Missverständnisse und Fehldiagnosen, aber auch Ängste wegen mangelnder Aufklärung und letztlich eine Fremdbestimmung über die eigene Person und Gesundheit waren damit vorprogrammiert.

Bisher gingen Kosten für eine Kommunikationsunterstützung im Rahmen stationärer Behandlungen zulasten der Krankenhäuser. Die Kosten waren mit einem fiktiven Betrag in die Pauschalen der Krankenhäuser eingerechnet. Im konkreten Einzelfall taten die Kosten den Krankenhäusern dann weh. Wenn ihnen diese Verpflichtung überhaupt bekannt war, wurde die Notwendigkeit von den Krankenhäusern meist heruntergespielt und im Einzelfall bestritten. Für lange Verfahrensfragen und Gerichtsprozesse ist in solchen Situationen in der Regel aber keine Zeit.

Mit der Neuregelung werden die Kosten nun unmittelbar von der Krankenkasse übernommen. Diesen ist das Verfahren bereits aus der ambulanten Versorgung geläufig. Wenn in der politischen Diskussion hier auch meist an Gebärdensprachdolmetscher gedacht wird, sind selbstverständlich auch Schriftdolmetscher einbezogen. Diese schreiben das gesprochene Wort von Arzt, Therapeut oder Fachkraft fortlaufend mit. Der Text erscheint auf einem kleinen Bildschirm, welchen der Patient vor sich stellen oder in der Hand halten kann. So ist eine klare, präzise Aufklärung, Mitwirkung und Entscheidung möglich.

Der Deutsche Schwerhorigenbund (DSB) empfiehlt Betroffenen, die im Gesundheitswesen auf Kommunikationshilfe angewiesen sind, dies mit einer Bedarfsmeldung bereits im Vorfeld per Antrag von der Krankenkasse genehmigen zu lassen. Wenn durch diesen „Vorratsbeschluss“ die grundsätzliche Notwendigkeit von der Kasse anerkannt ist, braucht im Einzel- und Ernstfall der Einsatz nur noch abgerufen zu werden. Formulare für Bedarfsmeldung und Einzeleinsatz gibt es auf der Internetseite des DSB unter: www.schwerhoerigen-netz.de/kommunikation/weitere-hilfen

Norbert Böttges

Quelle: Spektrum Hören Nr. 3/2020