Unbehandelte Schwerhörigkeit verursacht in Deutschland Kosten in Höhe von 39 Milliarden Euro pro Jahr

Pressemitteilung vom 25.02.2019

In Deutschland leben rund 5,8 Millionen Menschen mit einer beeinträchtigenden Schwerhörigkeit. 3,8 Millionen von ihnen sind unbehandelt. Das hat Kosten von jährlich 39 Milliarden Euro zur Folge, eine geringere Lebensqualität und eine höhere Arbeitslosenrate. Dies belegt eine neue, umfangreiche wissenschaftliche Studie „Hearing Loss – Numbers and Costs“. Ihre detaillierten Ergebnisse werden am 6. März 2019 in einer Konferenz im Europäischen Parlament in Brüssel präsentiert. Die Konferenz findet im Rahmen des Welttag des Hörens am 3. März statt, der in diesem Jahr unter dem Motto „Teste Dein Gehör“ steht.

Der Bericht zeigt, dass alleine die geringere Lebensqualität der betroffenen Menschen in Deutschland jährliche Kosten in Höhe von 29 Milliarden Euro verursacht. Produktivitätsverluste bedingen weitere Kosten von 10 Milliarden Euro im Jahr. In Summe belaufen sich die Kosten in Deutschland auf 39 Milliarden Euro. Pro betroffene Person über 15 Jahre ergibt sich ein Betrag von 10.300 Euro. Wann es sich bei einem Hörverlust um eine beeinträchtigende Schwerhörigkeit handelt, wird durch das Projekt „Global Burden of Disease“ (GBD; zu Deutsch: „Globale Krankheitslast“) festgelegt und als Hörverlust von größer gleich 35 Dezibel definiert.

Die Studie zeigt aber auch, dass der Gebrauch von Hörgeräten und anderen Hörlösungen das Wohlbefinden und die Lebensqualität schwerhöriger Menschen steigert. Sie weist zudem nach, dass Menschen mit einer beeinträchtigenden Hörminderung, die unbehandelt bleibt, ein höheres Risiko haben, zu vereinsamen und in ihren kognitiven Fähigkeiten nachzulassen sowie an Depression und Demenz zu erkranken. Im Vergleich zu Normalhörenden besteht für Personen, die etwas gegen ihre Schwerhörigkeit unternehmen, kein erhöhtes Risiko.

In Deutschland sind das von den insgesamt 5,8 Millionen Menschen (älter als 15 Jahre) mit einer beeinträchtigenden Schwerhörigkeit etwa 2 Millionen. Das heißt, dass etwas mehr als jeder Dritte von ihnen mit Hörgeräten oder anderen Hörlösungen versorgt ist. Im Zuge der zunehmenden Alterung der Gesellschaft, der steigenden Lebenserwartung des Einzelnen sowie des früheren Beginns einer Schwerhörigkeit durch erhöhte Lärmbelastung wird die Zahl der Menschen mit Hörminderung in den kommenden Jahren voraussichtlich noch weiter ansteigen.

Bei „Hearing Loss – Numbers and Costs“ handelt es sich um eine Metastudie, die Hunderte wissenschaftliche Studien und Artikel ausgewertet und miteinander verglichen hat. Alle in die Metastudie einbezogenen Veröffentlichungen wurden in den letzten zwei Jahrzehnten veröffentlicht und beschäftigen sich mit der Häufigkeit und den Folgen von Schwerhörigkeit sowie der Anwendung und dem Nutzen von Hörgeräten.

„Die Studie führt uns deutlich vor Augen, dass unbehandelte Schwerhörigkeit ein erhebliches und weit verbreitetes Gesundheitsproblem darstellt, das eine immense ökonomische und soziale Auswirkung auf unsere Gesellschaft hat. Der Bericht zeigt aber auch, dass sich eine Untersuchung des Gehörs und die Behandlung einer Schwerhörigkeit auszahlen. Dies gilt sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft“, so Kim Ruberg, Generalsekretär der Interessengemeinschaft hear-it AISBL, die den Bericht veröffentlicht hat.

„Falls Sie glauben schwerhörig zu sein, möchte ich Ihnen eine Untersuchung Ihres Gehörs ans Herz legen. Sie können damit beginnen, Ihr Gehör selbst mit der „Check your hearing“-App der WHO zu testen, auf unserer Internetseite www.hear-it.org oder auf der deutschsprachigen Informationsseite Ihr Hörgerät. Sollten Sie tatsächlich Hörprobleme haben, rate ich Ihnen, sich einem eingehenden Hörtest bei einem Hörexperten zu unterziehen, also bei einem Hörakustiker oder HNO-Arzt“, fährt Kim Ruberg fort.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veranstaltet alljährlich am 3. März den Welttag des Hörens. Mit diesem Aktionstag möchte die WHO auf die Möglichkeiten aufmerksam machen, Taubheit und Schwerhörigkeit vorzubeugen, sowie den Gehörschutz und die Hörgeräteversorgung zu fördern.

Die Studie „Hearing Loss – Numbers and Costs“ wurde im Auftrag der hear-it AISBL von Prof. em. Bridget Shield mit Unterstützung von Prof. Mark Atherton erstellt. Beide sind an der Brunel Universität London tätig. Im Jahre 2006 verfasste Prof. em. Bridget Shield den ersten Bericht für die Interessengemeinschaft. Dieser wurde unter dem Titel „Evaluation of the Social and Economic Costs of Hearing Impairment“ („Auswertung der sozialen und ökonomischen Kosten von Schwerhörigkeit“) veröffentlicht.

Über die hear-it AISBL

Hear-it AISBL ist eine internationale, nicht kommerzielle Organisation mit Sitz in Brüssel. Ihr Ziel ist es, aktuelle wissenschaftliche Informationen und relevantes Wissen zum Thema Schwerhörigkeit, ihren menschlichen und sozioökonomischen Folgen sowie Behandlungsmöglichkeiten zu sammeln, auszuwerten und zu verbreiten. Zu den Mitgliedern der hear-it AISBL zählen IFHOH (The International Federation of the Hard of Hearing), EFHOH (European Federation of Hard of Hearing People), AEA (European Association of Hearing Aid Professionals) sowie Unternehmen der Hörgeräteindustrie. Hear-it AISBL unterhält die weltweit größte und führende Internetseite zum Thema Hören und Schwerhörigkeit. Sie können die Internetseite unter folgendem Link aufrufen: www.hear-it.org

Weitere Informationen (auf Englisch)

Kim Ruberg, Generalsekretär der hear-it AISBL, Telefon: +45 40 300 500
Hochauflösende Bilder stehen Ihnen hier für den redaktionellen Gebrauch zur Verfügung: www.hear-it.org/editorial-photos
Wie wird ein Hörtest durchgeführt?: www.hear-it.org/de/der-hortest
Bei Fragen und anderen Anliegen senden Sie bitte ein Mail an folgende Adresse: editor@hear-it.org

Allgemeine Informationen über Hören, Schwerhörigkeit und Behandlungsmöglichkeiten können Sie auf unserer Internetseite www.hear-it.org und auf der deutschsprachigen Informationsseite www.ihr-hoergeraet.de einsehen.

Quelle: Pressemitteilung zur Lunch Debate in Brüssel am 06. März 2019, hear-it, Belgium Office Brussels, Belgium